«Mit einer Grundordnung gelingt Aufräumen schnell»
Wie hält man eigentlich Ordnung? Und wo liegt der Unterschied zwischen Ordnung halten und Aufräumen? Aufräum-Expertin Martina Frischknecht von der Frau Ordnung GmbH in Hombrechtikon verrät, wie auch Ordnungsmuffel das Aufräumen lernen und Zuhause Ordnung bewahren können.
Interview: Laura Knecht
Ordnung im Küchenschrank mit sogenannten Organizer
Frau Frischknecht, wo herrscht bei den meisten Personen zuhause das grösste Chaos?
Martina Frischknecht: Es gibt für uns Menschen klar deklarierte Räume: in der Küche wird gekocht und im Badezimmer macht man sich fertig. Dann gibt es aber auch unklare Räume, wie Büroräume, Bastelräume und das Gästezimmer. Das sind gemischte Räume, die sich schnell in einen Abstellraum verwandeln, weil eben nicht klar ist, was man in diesen Zimmern genau macht. Keller, Estrich und Garage zählen auch zu solchen Räumen, dort gilt unterbewusst vor allem das Motto «Aus dem Auge, aus dem Sinn».

Martina Frischknecht von FRAU ORDNUNG GmbH hilft mit ihrem Team Ordnung zu schaffen
Wo sollte man anfangen, wenn man Ordnung in sein Heim bringen will?
Eigentlich dort, wo einen das Chaos am meisten stresst. Die einen Leute bekommen einen bestimmten Raum nicht in den Griff, andere wiederum haben Mühe mit der ganzen Wohnung. Ich rate, mit dem Badezimmer zu beginnen. Dieses ist klein, sprich überschaubar und zum Aufräumen weniger zeitintensiv wie andere Räume. Ein wichtiger Punkt ist im Badezimmer auch, dass es keine emotionalen Sachen drin hat, an denen man hängen bleibt. Wenn das Badezimmer geschafft ist, ist das für die meisten bereits ein grosser Schritt. Sie sind zufrieden und es entsteht Motivation weitere Räume anzugehen.
Welche bestimmten Aufräum-Systeme oder -Vorgehensweisen empfehlen Sie?
Das Wichtigste ist, sich zu überlegen, wofür man diese Räume genau nutzen will. Niemand hat in der Küche einen Föhn, was bedeutet, dass es beim Aussortieren wichtig ist, zu entscheiden, ob ein Gegenstand in diesen Raum gehört oder nicht. Ganz wichtig danach: Die aussortierten Sachen sofort entsorgen und nicht herumstehen lassen. Sonst ist die Gefahr gross, dass man beeinflusst wird und sie wieder behalten will.
Wo liegt der Unterschied zwischen Aufräumen und Ordnung schaffen?
Aufräumen heisst für mich, ich nehme etwas in die Hand und räume es weg. Ordnung machen bedeutet, eine Grundordnung zu schaffen, damit man seine Gegenstände danach beim Aufräumen nur noch versorgen muss. Wenn man diese Grundordnung hat, ist man danach beim Aufräumen relativ schnell, weil alles seinen bestimmten Platz hat.
Lernt man beim Ordnung schaffen auch mit Geld umzugehen?
Teilweise schon. Es wurde ausgemistet, Dinge wurden angeschaut und man hat sich bewusst überlegt, ob man etwas behält oder nicht. Man hat einen klareren Überblick über alles bekommen, was man besitzt. Teilweise will man sich beim Ordnung schaffen eben von gewissen Dingen nicht trennen, weil man sie gerade erst gekauft und nie getragen hat. Das kann bewirken, dass man seinen Kauf beim nächsten Mal vielleicht etwas bewusster hinterfragt.
Weshalb hat Aufräumen einen befreienden Effekt?
Ich glaube, dass Unordnung unterbewusst eine grosse Belastung ist. Auch wenn der Schrank geschlossen ist, weiss das Unterbewusstsein, was sich dahinter versteckt. Deswegen sind die Freude und die Befreiung, sobald man etwas gegen die Unordnung getan hat, umso grösser.
Geht es allen Leuten gleich, die in einem Chaos leben?
«Die richtige Ordnung» gibt es nicht. Und das muss auch so sein, weil wir alle unterschiedlich sind. Gewisse Personen sind ordnungsbewusst und fühlen sich in einem kleinen Chaos schon nicht mehr wohl, während andere im grösseren Chaos noch relativ zufrieden sind.
Reden wir über Kleiderschränke – wie mistet man diese am effizientesten aus?
Ich empfehle bei der Unterwäsche zu beginnen, da diese zu den «emotionslosen» Kleidern gehören. Wenn das erledigt ist, ist die Motivation grösser, weiterzumachen. Man baut einen Flow auf und es fällt einem einfacher, sich von Dingen zu trennen.

Ausgebildete Ordnungscoaches als Team von FRAU ORDNUNG bestehend aus (von links): Andrea Füglistaler, Martina Frischknecht, Natacha Christen und Gabriele Stutz
Aufräum-Queen Marie Kondo hingegen empfiehlt, den gesamten Kleiderschrank auf einmal auf dem Bett auszubreiten – was halten Sie von dieser Methode?
(lacht) Mir tut das immer leid für die Kleidung, die dann herumliegt. Wenn wir einen ganzen Tag mit den Kunden verbringen, machen wir das auch so - aber nicht mit der gesamten Kleidung. Wir ordnen die Kleidung systematisch nach T-Shirts, langen und kurzen Hosen, und so weiter. Wenn man alleine ausmistet, kann man das auch machen, man sollte sich aber bewusst sein, dass die Unordnung für einen Moment noch viel grösser und dieser Prozess sehr zeitintensiv ist. Ausmisten ist ermüdend, da man den ganzen Tag Entscheidungen trifft.
Wie gelingt es einem, sich einfacher von Dingen zu trennen?
Gerade bei der Kleidung frage ich gerne nach einem Referenzstück. Das ist ein Stück, das man liebt und einem perfekt sitzt. Weitere Kleidungsstücke kann man gut mit dem Lieblingsstück vergleichen und beobachten, ob bei diesen auch Glücksgefühle aufkommen. Wenn nicht, rate ich, sie auszusortieren. Natürlich gibt es auch Kleidungsstücke, die man ein Jahr lang nicht mehr getragen hat. Diese müssen nicht alle aussortiert werden. Es gibt Kleidung, die nur zu seltenen Anlässen getragen wird, was völlig in Ordnung ist. Wenn sie aber nicht mehr getragen wird und einfach im Kleiderschrank hängt, sollte man sie aussortieren. Meine Mutter hat mir mal voller Freude ein neues T-Shirt gezeigt und meinte, dass dies nur 20 statt 75 Franken gekostet hat. Ich habe sie dann gefragt, ob sie das Shirt auch zum regulären Preis gekauft hätte und sie verneinte. Bei einem Kleidungsstück, das günstig ist, sollte man sich fragen, ob man es wirklich braucht oder ob nur der Preis lockt.
Was hilft beim Gedanken «das kann ich doch irgendwann vielleicht noch brauchen»?
Wenn Dinge schon in der «Warteschlaufe» sind, kann man sich gut fragen, ob man diese nicht in kürzester Zeit für wenig Geld wieder besorgen kann. Und das ist in der heutigen Zeit fast immer der Fall.
Was bedeutet «Homeorganizing»?
Eine Grundordnung zu haben. Zu wissen, was man zu Hause hat und wo es ist. Es geht beim Aufräumen einfach um das Versorgen. Es haben alle Dinge ihren Platz und wenn man etwas in die Hand nimmt, weiss man exakt, wo es hingehört.
Wie schafft man es, dass es nach dem Aufräumen auch endlich ordentlich bleibt?
Wenn die Grundordnung besteht und alles seinen Platz hat, dann lässt sich die Grundordnung einhalten. Wichtig ist, wenn neue Sachen hinzukommen, auch diese regelmässig auszumisten, denn der Platz ist beschränkt.