Obwohl die Brauerei am Aabach liegt, kann das Wasser aus dem Bach nicht zur Energiegewinnung verwendet werden.
(Foto: Seraina Boner)
Brauerei Uster: Historische Baukultur und regionales Bier
Das Areal der Brauerei Uster ist voller historischer Bauwerke. Die Bestandteile der Brauerei haben alle ihre eigene Vergangenheit. Doch erst zusammen erzählen sie die 165-jährige Geschichte des Areals und der Brauerei.
Autor: Mirko Wirch
Wer das Areal der Brauerei Uster betritt, sieht um sich herum Bestandteile einer einzigartigen historischen und über 160 Jahre alten Baukultur mitten im Zürcher Oberland. Bis auf einen Unterbruch von 1978 bis 2012 braut man auf diesem Gelände seit Mitte des 19. Jahrhunderts das regionale Bier Usterbräu.
Die Brauerei samt ihren Bestandteilen, die seit 2012 wieder in Betrieb ist, wurde durch die verschiedenen Unternehmer und Familien, die sie führten, auf eine jeweils eigene Art geprägt. Auf dem Rundgang mit Daniela Brauchli-Bucher, einem Mitglied der heutigen Brauereifamilie, zeigt sich der Charme des Areals besonders, und auch, dass Vergangenheit und Gegenwart eine gute Mischung für die Zukunft ergeben.
Ein Tösstaler legte den Grundstein der Brauerei Uster
1858 legte der Tösstaler Bierbrauer Johann Georg Stahel den Grundstein der Bierbraugeschichte in Uster. In einer Sennhütte mit Remise liess er ein Sudwerk mit Kühlschiff (einem flachen, offenen Gefäss, in das die heisse Würze von der Würzpfanne überführt wird) einbauen und begann zu brauen. Ihm zu Ehren hängt an der heutigen Brauereistrasse in Uster ein Plakat, auf dem der Name der Brauerei Uster und der von Stahel geschrieben sind. Abgebildet ist der damalige Fabrikbau. 29 Jahre nach dem ersten von Stahel gebrauten Bier, übernahmen 1887 die Brüder Peter, Martin, Franz und Johann Bartenstein den Betrieb und sollten schon bald wichtige Bauarbeiten an den Bestandteilen der Brauerei vornehmen.

Das Areal der Brauerei Uster nach dem Umbau der Gebrüder Bartenstein im Jahr 1897. (Quelle: http://www.xn--usterbru-memorial-wqb.ch/memorial/
© Foto Startseite: Bruno Hotz
© Geschichte / Sammlung: Robert Sulger)

Hanspeter Bucher (Mitte) führt das Unternehmen gemeinsam mit seiner Tochter Daniela Brauchli-Bucher und seinem Sohn Stefan Bucher. (Foto: Brauerei Uster)
Ausbau und Modernisierung der Brauerei
Zehn Jahre nach ihrer Übernahme bauten die Brüder 1897 das gesamte Brauareal aus und modernisierten es gleichzeitig. Das sollte im Nachhinein einer der wichtigsten Prozesse in der Geschichte der Brauerei werden.
So baute man ein neues Sudhaus mit einem Maschinenhaus und ein Kesselhaus mit einem Hochkamin, beides im Backsteinbau. Im Sudhaus liessen die Brüder ein Sudwerk mit einem Fassungsvermögen von 87 Hektolitern und Dampfkochung einrichten.
Auch das ursprüngliche Kellergebäude mit seinen vier gewölbten Kellern liessen die Brüder vergrössern. Dafür stockten sie das ursprüngliche Gebäude auf, um so über zwei Lagerkeller und einen Gärkeller zu verfügen. Die ursprünglichen vier Keller konnten dann als Vorratsräume für abgefülltes Bier verwendet werden.
Weiter wurden auch Malzsilos für etwa zwölf Waggons Malz sowie eine Eismaschine zur Kellerkühlung eingebaut.
Die wichtigsten Bestandteile der Brauerei wie das Sudhaus, der Maschinenraum, das Malzsilo wie auch die beiden Backsteingebäude sind seitdem nicht mehr verändert worden, stehen unter Denkmalschutz und prägen mit ihrer historischen Bauweise und ihrem Aussehen das Areal bis heute.
Das Sudwerk steht unter Denkmalschutz und wurde deswegen seit dem Neubau des Sudhauses nicht mehr verändert. (Foto: Nicolas Zonvi)

Karl Mösch im Sudhaus der Brauerei Uster. (Quelle: http://www.xn--usterbru-memorial-wqb.ch/memorial/
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Bierproduktion mit Kolbendampfmaschine
Die wichtigsten Bestandteile der Brauerei wie das Sudhaus, der Maschinenraum, das Malzsilo wie auch die beiden Backsteingebäude sind seitdem nicht mehr verändert worden, stehen unter Denkmalschutz und prägen mit ihrer historischen Bauweise und ihrem Aussehen das Areal bis heute.
Obwohl das Areal der Brauerei direkt am Aabach angrenzt, konnte man den Bach damals nicht für die Energiegewinnung nutzen. Grund dafür war, dass die Wasserrechte bereits alle von der ebenfalls am Bach angrenzenden Textilindustrie aufgekauft waren.
Als alternative Lösung zur Energiegewinnung kauften die Brüder ein Schwungrad mit Transmission, eine ventilgesteuerte Kolbendampfmaschine sowie einen Kältekompressor und bauten die Teile in einen separaten Raum auf dem Areal ein. Auch diese Konstruktionen bestehen bis heute.
Neben dem Umbau der für die Produktion wichtigen Gebäude liessen die neuen Besitzer 1901 auch eine Fabrikantenvilla mit einem Erdgeschoss und zwei Etagen errichten. Im Erdgeschoss war die Verwaltung untergebracht, und in der ersten Etage wohnte Peter Bartenstein, der die Brauerei ab 1906 mit seiner Familie übernahm. In der zweiten Etage habe Olga Walker, die Schwester von Peter Bartenstein, gewohnt, sagt Brauchli-Bucher.
1911 wurde vis-à-vis dem Sudphaus die Brauereianlage durch den Neubau und die Neueinrichtung einer Flaschenabfüllerei ergänzt, und im Sudhaus selber wurde eine Trebertrocknungsanlage aufgestellt.
Bau des Siloturms und Erweiterung des Sudhauses
Rund zwanzig Jahre später kam mit dem Bau eines Siloturms der nächste Schritt im Ausbau der Brauerei. 1934 wurde dieser nach den Plänen der renommierten Architekten Debrunner und Blankert im Stil des neuen Bauens errichtet. Er diente als Lagersilo und hatte ein Fassungsvermögen von 65 Wagen Braumalz. «Das entspricht 80 Tonnen Braumalz», erklärt Brauchli-Bucher.
Neben den Gebrüder Bartenstein prägte auch Karl Mösch, der 1956 als Braumeister in den Betrieb kam, die Geschichte der Brauerei mit. Mösch war nicht nur als Braumeister tätig, sondern nahm auch Einsitz in der Geschäftsleitung.
Als Verantwortlicher für die Produktion der Biere war eine der ersten Handlungen Möschs die Sanierung der Wasserentkalkungsanlage. Damit wollte er die Qualität der Biere verbessern, was ihm auch gelang. Durch die Sanierung erhöhte sich nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität. So verdoppelte sich die Bierproduktion von ursprünglich 20000 Hektolitern im Jahr 1956 auf rund 40000 im Jahr 1969. Unter seiner Leitung als Braumeister erfolgten 1965 weitere Umbauten auf dem Areal, die unter anderem das Sudhaus betrafen.
Das Haus, in dem bisher nur das Sudwerk im Erdgeschoss untergebracht war, wurde aufgestockt und um drei neue Geschosse erweitert. Das Sudhaus selbst erhielt eine neue Fassade, die Wände im Inneren wurden mit dunklem, italienischem Marmor verkleidet und der Boden mit Natursteinmosaiken ausgelegt. Ausserdem wurden grössere Fenster eingebaut, damit man von aussen einen besseren Blick in das Sudhaus hatte.
Die drei neuen Geschosse waren zur Unterbringung der Malzschroterei, des Warmwassertanks und des Malzsilos eingeplant. Ebenfalls kamen der Einbau eines neuen Treppenhauses mit einem Personenlift und ein neues Kühlschiffdach dazu. Die Bauarbeiten mussten so geplant werden, dass die Sudanlage immer betriebsfähig war, damit weiter produziert werden konnte.

Die Kolbendampfmaschine kann heute bei einem Besuch der Brauerei besichtigt werden. (Foto: Brauerei Uster)

Der Siloturm auf dem Areal der Brauerei Uster ist eine imposante Erscheinung. (Foto: Brauerei Uster)
Jähes Ende nach 120 Jahren Brautradition
Nach den Neuerungen im und um das Silohaus sollte die Erfolgsgeschichte der Brauerei Uster noch zwölf Jahre weitergeschrieben werden, bis sie Ende der 1970er Jahre dann ein jähes, aber nur vorübergehendes Ende fand.
Im Dezember 1977 kam das vorläufige Aus für die Brauerei Uster und deren Usterbräu. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen gab diese bekannt, dass alle Aktien der Brauerei ab dem Jahr 1978 an die Zürcher Grossbrauerei Hürlimann übergehen werden. Der neue Besitzer schloss wenig später die Ustermer Bierproduktion. Der letzte Brauvorgang in Uster fand am 15. März 1978 statt.
Comeback nach mehr als 30 Jahren
34 Jahre nach der Schliessung der Brauerei Uster, im Jahr 2012, ist der Betrieb wieder aufgenommen worden. Die Familie Bucher, bestehend aus Vater Hanspeter Bucher und seinen Kindern Daniela Brauchli-Bucher und Stefan Bucher, hat den Betrieb übernommen und führt ihn seit März 2012. Unter dem Firmennamen Brauerei Uster Braukultur AG stellen sie das Usterbräu wieder her und bringen damit ein Stück Tradition nach Uster und ins Zürcher Oberland zurück. Zusammen mit vier Angestellten, darunter zwei Brauern, stellen sie das Usterbräu her.
Daniela Brauchli-Bucher, welche den Bereich Verkauf und Marketing verantwortet und stellvertretende Geschäftsführerin ist, sagt: «Uns ist es wichtig, dass wir das Usterbräu auch weiterhin aus regionalen Zutaten herstellen. Wir sind stolz darauf, dass wir eine Brauerei mit einer solch grossen und langen Tradition weiterführen dürfen. Unser Bier ist aus der Region und für die Region.»