Schimmel: Der Feuchtigkeitshaus-halt ist entscheidend
Am Anfang sind es meist nur kleine, schwarze Punkte an der Wand, die sich aber rasant und grossflächig ausbreiten können. Schimmel hat in den kommenden kühleren Monaten wieder Hochsaison. Wie die Pilze in der Wohnung entstehen und was man machen kann, damit es gar nicht so weit kommt, erklärt Schimmelexperte Marvin Kallen vom Malergeschäft Kessler GmbH in Turbenthal.
Interview: Sebastian Schuler
Nasszellen sind besonders anfällig für Schimmelbildung. (Foto: PD)
Herr Kallen, was braucht es, damit Schimmel entstehen kann?
Marvin Kallen: Damit Schimmel entstehen und gedeihen kann, braucht es Feuchtigkeit, Nahrung in Form von organischen Bestandteilen und Ungestörtheit, um wachsen zu können.

Marvin Kallen, eidg. dipl. Maler-meister, Gesellschafter und Ge-schäftsführer des Malergeschäfts Kessler. (Foto: PD)
In welchen Räumen kommt es besonders häufig zu Schimmelbefall?
Besonders problematisch sind Räume, in denen eine hohe Feuchtigkeit entstehen kann, wie etwa Bäder und Duschen oder die Küche. Auch der Keller ist vor allem im Sommer sehr schimmelanfällig. Grundsätzlich kann Schimmel überall dort entstehen, wo es zu feucht und zu warm ist, oder an sogenannten Wärmebrücken. Also Orten, die schneller auskühlen als ihre Umgebung und deshalb anfällig für Kondensatbildung sind. Das sind in der Regel die Ecken der Aussenwände oder Fensterlaibungen.
Sind es also vor allem bauliche Ursachen, die für Schimmelbildung verantwortlich sind?
Nein. Eine kaputte Wasserleitung, ein rinnender Siphon oder ein undichtes Dach können zwar auch zu Schimmel führen, in den meisten Fällen sind aber die Bewohnerinnen und Bewohner selbst dafür verantwortlich.
Inwiefern?
Indem sie zu wenig lüften, zu hohe Temperaturen in den Wohnräumen haben oder Lüftungsanlagen schlecht oder zu wenig reinigen. Das alles führt zu einem suboptimalen Feuchtigkeitshaushalt, der die Entstehung von Schimmel begünstigt.
Wie sollte man vorgehen, wenn man in seiner Wohnung Schimmel entdeckt?
Bei einer kleinen Fläche von bis zu drei mal drei Zentimetern kann man die betroffene Stelle auch selbst mit einem Schimmelspray aus dem Supermarkt bekämpfen. Das geht in der Regel recht einfach. Ist die befallene Fläche grösser als eine Handfläche, sollte man als Mieterin oder Mieter umgehend die Verwaltung kontaktieren oder als Eigentümer direkt eine spezialisierte Firma beauftragen.
Ist umgehendes Handeln auch wegen der gesundheitlichen Auswirkungen notwendig?
Nicht unbedingt. Es gibt über 100000 verschiedene Schimmelarten, die unterschiedlich schädlich sind. Bei den allermeisten Schimmelbefällen besteht für gesunde Leute ohne Vorerkrankung keine akute Gefahr. Durch die Ausbreitung des Schimmels kann es mit der Zeit aber zu Reizungen der Augen, der Haut oder der Atemwege kommen. Deshalb, und auch um Schäden am Interieur zu vermeiden, sollte man sicher nicht zu lange zuwarten.
Wie gehen Sie und Ihr Team normalerweise vor, wenn Sie engagiert werden?
In einem ersten Schritt gilt es herauszufinden, was die Ursache des Schimmels ist. Mit einer Wärmebildkamera lässt es sich in der Regel recht einfach eruieren, ob es sich um einen baulichen Schaden oder Eigenverschulden handelt. Ein baulicher Schaden verlangt nach baulichen Massnahmen. Wenn kein Schaden am Gebäude vorliegt, messen wir in der Wohnung die Luftfeuchtigkeit und finden so relativ schnell heraus, wo das Problem liegt. Danach kann der Schimmel durch ein Mittel auf Wasserstoff- oder Chlorbasis abgetötet werden. Zudem empfehlen wir, die betroffene Stelle anschliessend mit einer fungiziden Farbe zu streichen.
Wie lange dauert so ein Einsatz, und wie teuer kommt er zu stehen?
Das ist abhängig von der Grösse des Schimmelbefalls. Bei einer kleinen Fläche dauert es in der Regel etwa zwei Tage. Am ersten Tag tötet man den Schimmel ab und lässt die Stelle gut austrocknen. Am zweiten Tag wird die Schimmelschutzschicht aufgetragen. Bei grösseren Flächen kann ein Einsatz bis zu einer Woche dauern. Die Kosten für die Bekämpfung variieren zwischen 500 und 10000 Franken.

Es gibt über 100000 verschiedene Schimmelarten, die unterschiedlich schädlich sind. (Foto: PD)
Ein Schimmelbefall kann ins Geld gehen. Ist es deshalb eine gängige Praxis, dass die Verwaltung die Schuld der Mieterschaft an dem Schimmelbefall nachweisen will?
Ja, das kommt öfters vor. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass Vermieter im Einzelfall meist ein Auge zudrücken. Wenn es aber immer wieder zu Schimmel kommt, werden wir manchmal auch beauftragt, mit einer etwas aufwendigeren Feuchtigkeitsmessung das Lüftungs- und Heizverhalten der Bewohnerinnen und Bewohner genau zu dokumentieren und so ihre Schuld am Befall nachzuweisen.
Wie kann man dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu Schimmel kommt?
Stosslüften ist sehr wichtig. Drei- bis fünfmal am Tag sollte man die Wohnung während fünf bis zehn Minuten gut durchlüften. Es reicht nicht, das Fenster nur zu kippen, da so keine Luftzirkulation entstehen kann. Zudem rate ich zum Kauf eines Hygrometers. Damit kann man die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit messen und anhand der Werte den Feuchtigkeitshaushalt anpassen.
Wie sollte dieser aussehen?
Die richtige Luftfeuchtigkeit ist abhängig von der Temperatur. Je höher die Raumtemperatur ist, desto mehr Feuchtigkeit kann die Luft aufnehmen, was bei einer hohen Luftfeuchtigkeit eher zu Schimmel führen kann. Im Wohnbereich sollte die Temperatur zwischen 20 und 22 Grad liegen und die Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent. Im Schlafzimmer sollte es mit 18 bis 20 Grad etwas kühler sein, und im Badezimmer kann die Luftfeuchtigkeit gerade nach dem Duschen oder Baden zwischenzeitlich etwas höher sein.
Mit welchen Mitteln kann man die Luftfeuchtigkeit am besten senken?
Wenn es mit Stosslüften nicht klappt, kann man sich einen Luftentfeuchter anschaffen. Die neusten Geräte können mittlerweile bequem per Handy gesteuert werden und schalten sich automatisch ab, sobald der gewünschte Wert erreicht ist.